Regionalgruppe Dresden

Exkursion in den Nationalpark Sächsische Schweiz

28. März 2023

BUND Dresden | Victor Smolinski https://www.instagram.com/victor.smolinski/

Am 26. März 2023 organisierte der BUND Dresden eine Exkursion in den Nationalpark Sächsische Schweiz. Inhaltlich geführt wurde die Exkursion von Hanspeter Mayr, dem Sprecher der Nationalparkverwaltung, Stefan Escher (BUND) und Hannes Friede. Die Wanderung begann in Schmilka, führte den Wurzelweg hinauf über den Lehnsteig bis zum Reitsteig. Dort fand die Besichtigung einer Brandfläche und des neu angelegten Naturlehrpfads „Weg zur Wildnis“ statt. Danach ging es über die Heilige Stiege hinunter und durch den Heringsgrund zurück nach Schmilka.

Bilder sind am Ende des Beitrags zu finden.

Viele wichtige Themen wurden dabei angeschnitten: Was macht den Nationalparkstatus aus – im Gegensatz zu einem Naturpark, wie ihn eine lokale Bürgerinitiative fordert? Wie entwickelt sich der Wald jetzt, einerseits im Hinblick auf die Klimakrise mit Hitze und Dürren sowie den starken Borkenkäferbefall, andererseits nach den Waldbränden im Sommer 2022? Vor welchen Herausforderungen steht die Nationalparkverwaltung derzeit?

Dem Wald in der Klimaanpassung sein eigenes Tempo gewähren

Im Nationalpark gilt der Grundsatz „Natur Natur sein lassen“. Das heißt auch, dass die Natur sich hier weitestgehend ihren eigenen Weg suchen darf. Der Wald verjüngt sich seit Jahrmillionen selbstständig, und er tut dies auch im Nationalpark Sächsische Schweiz erfolgreich. Die Entwicklung auf den Borkenkäfer- und Waldbrandflächen ist dabei eingeschlossen. Hierbei ist es wichtig, sich den Ausgangszustand des 1993 gegründeten Nationalparks bewusst zu machen.

Über 500 Jahre wurde in dem Gebiet intensive Waldnutzung und mehr als 200 Jahre Forstwirtschaft mit großen Fichtenkulturen betrieben, die nun mit der zunehmenden Trockenheit nicht zurechtkommen und - in den meisten Fällen durch den Menschen verursachten - Bränden Angriffsfläche geboten haben. Forschungsergebnisse zeigen, dass auf Waldbrandflächen zwar auch Fichten und Kiefern nachwachsen, sich aber andere Baumarten stark daruntermischen. So entsteht ganz von selbst ein naturnaher Mischwald, der mehr Klimaresilienz und Artenvielfalt besitzt. Dies macht die Natur aber hier im Nationalpark in ihrem eigenen Tempo über mehrere Baumgenerationen hinweg. Natur braucht eben Geduld.

Grundsätzlich sind absterbende Bäume durch Insekten oder Brände für den Wald kein  Problem. Es entstehen Lichtinseln, in denen sich der Wald natürlich verjüngen kann und wo für eine gewisse Zeit auch konkurrenzschwache Arten einen Nischen-Lebensraum finden. Aus der vom Menschen unbeeinflussten Entwicklung im Nationalpark können so wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. Bei Wiederbegründungs- oder Einbringungsversuchen mit gebietsfremden Baumarten tauchten hingegen meist unerwartete Probleme wie ungewollte Vermehrung oder Krankheiten auf.

Bei Waldbränden muss Zugänglichkeit gewährleistet sein

Bei den Waldbränden 2022 hat das viele Totholz – vor allem in Form der vielen liegenden abgestorbenen Fichten – eine Rolle gespielt. Allerdings nicht in dem Sinne, dass es den Brand intensiviert oder die Ausbreitung beschleunigt (und erst recht nicht ausgelöst) hat. Dies weist das Gutachten der Waldbrandkommission nach. Totholz hat jedoch die Zugänglichkeit des ohnehin schwierigen Geländes teilweise erschwert. Und genau an diesem Zusammenhang müssen sich jetzt auch neue Brandvorsorgemaßnahmen orientieren. Diese werden aktuell in enger Abstimmung u. a. mit den Feuerwehren entwickelt.

Dazu gehören neben Löschwassertanks auch Korridore entlang der Rettungswege des Nationalparks, in denen das Totholz – sowie auch brandbeschleunigendes Feinmaterial – für Verkehrssicherheit und Rettungsaspekte beräumt wird. Zusätzlich soll hier die Entwicklung in Richtung Mischwald gezielt vorangetrieben werden. So sollen natürliche Barrieren für zukünftige Brände geschaffen werden, denn Mischwald brennt kaum bis gar nicht. Mit diesen Maßnahmen will die Nationalparkverwaltung auch die Akzeptanz des Nationalparks nach den Bränden erhalten – insbesondere bei der lokalen Bevölkerung.

Totholz bleibt Bestandteil des Nationalparks

Grundsätzlich aber ist und bleibt Totholz als Kohlenstoff-, Nährstoff- und Feuchtigkeitsspeicher, Vermittler von CO2 über dessen Zersetzung in den Bodenhumus, Lebensraum für viele Vogel-, Insekten- und Pilzarten und als „Barriere“ gegen Wildverbiss untrennbarer Bestandteil des Nationalparks. Die Schwarzspechtbestände haben sich im Nationalpark zum Beispiel seit Beginn der Borkenkäferkalamitäten etwa verdreifacht. Das Monitoring der Entwicklung früherer Schadflächen zeigt den Nutzen des Totholzes bereits jetzt anschaulich. Neuer Bewuchs entwickelt sich wesentlich schneller als auf kahlen Flächen. Mit Kartierungen hat die Nationalparkverwaltung auch bereits berechnet, dass trotz der teilweisen Beräumungsmaßnahmen mindestens 75 Prozent Prozessschutzfläche gewährleistet bleiben, die für die Anerkennung des internationalen Schutzstatus nötig sind.

Naturschutz und Tourismus

Verhaltensregeln, deren Durchsetzung sowie Besucherlenkung sind das A und O, um Naturschutz und den wachsenden Tourismus im Nationalpark einigermaßen vereinbaren zu können. Auch störungsempfindliche Tierarten können mit den Besucherströmen zurechtkommen, wenn diese sich an die Regeln halten. Voraussetzung ist, dass die Menschen – mit angeleinten Hunden – auf den 400 Kilometern für das Wandern gekennzeichneten Wegen bleiben. Dazu gehören jedoch nicht die Kletterzugänge, welche nur von Kletterern genutzt werden dürfen!

Es ist verständlich, dass Menschen, die oft im Nationalpark sind, neben den altbekannten Wegen in die Tiefe des Nationalparks streben. Statt auf eigene Faust in Sachsens wichtigstem und wohl sensibelstem Schutzgebiet auf Tour zu gehen empfiehlt es sich, besser auch mal eine „informatorische Tiefe“ anzustreben. Gemeint ist, auf bekannten Wegen Neues über die Tier-, Pflanzen- und Pilzwelt des Nationalparks zu lernen - v.a. geführt durch fachkundiges Personal der Nationalparkverwaltung.

Problematisch sind illegale Routen vor allem während der Brutzeit im Frühjahr bis in den Frühsommer. Insbesondere, wenn diese im Internet zunehmend Millionen anderen Nutzer:innen zugänglich gemacht werden. Das mag mit guter Absicht geschehen, trägt aber nicht dazu bei, die Natur – und damit auch die tollen Naturerlebnisse – langfristig zu erhalten. Vor allem um die Bruten der durch Störung stark gefährdeten Vogelarten Schwarzstorch oder auch Wanderfalke nicht zu gefährden, ist das Übernachten („Boofen“) im Nationalpark deshalb vom 1. Februar bis 15. Juni jeden Jahres verboten.

Keine Herabstufung des Nationalparks zum Naturpark

Die Forderung einer lokalen Bürgerinitiative, den Nationalpark in einen Naturpark herabzustufen, lehnen die Nationalparkverwaltung und der BUND, wie auch die anerkannten Naturschutzverbände NABU und Grüne Liga, aus vielen Aspekten grundlegend ab. Zum einen wären dann deutlich weitgehendere menschliche Eingriffe in den Nationalpark als Gebiet von nationalem Rang möglich, die meist eher von kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen getrieben sind. Der Kerngedanke des Nationalparks – die natürliche Entwicklung in einem großen zusammenhängenden Gebiet – und viele Arten und Lebensräume wären hiervon bedroht. Zum anderen würden vom Menschen ausgehende Gefahren für die Landschaft durch verbesserte Zugangsmöglichkeiten deutlich verstärkt, und auch die Waldbrandgefahr würde stark ansteigen. Das über Jahrzehnte aufgebaute Ranger:innensystem wäre nicht mehr aufrecht zu erhalten. Letztlich würden auch in großem Maße Fördergelder und Stellen verloren gehen, die jetzt den Schutz der Natur gewährleisten. Auch die Unterhaltung der sehr zahlreichen Besucher:inneneinrichtungen müsste vielfach auf die Kommunen übergehen, die finanziell hierzu nicht in der Lage sind. Das wichtigste Aushängeschild der Region und gleichzeitig DER MAGNET für jährlich viele Tausende Besucher:innen und Naturfreund:innen würde so verloren gehen, mit unabsehbaren Folgen für den Tourismus und die Region.

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Die BUND Regionalgruppe Dresden setzt sich gemeinsam mit dem BUND Landesverband Sachsen für den konsequenten Schutz des Nationalparks Sächsische Schweiz ein.

Tolle Impressionen von der Exkursion, festgehalten von Victor Smolinski.

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